Bericht: Speaker's Corner Raid


Die erste Regel des Fight Club: Niemand redet über den Fight Club.
Die zweite Regel des Fight Club: Niemand redet über den Fight Club.

Habe ich mich jetzt nicht dran gehalten, aber so kommt es mir mit dem Speaker's Corner in Essen auch vor. Höhepunkt war wohl damals, als wir große Teile des NRW-Slam-Line-Ups auf den kleinen traurigen Steinabsatz bringen konnten, die tatsächlich viele Stunden großen Spaß hatten. Stephan hat damals mit diesem Video die Stimmung eingefangen. Den Platz zu beleben war mal für einige Zeit meine ganz persönliche Mission. Die gescheitert ist.

Da Jay sich wieder so herrlich selbstkritisch gibt, muss ich mich da mal einschalten. Schalömchen miteinander, der Hartmann hier.
Er ist der Ansicht, dass die Mission gescheitert ist, doch ich sehe das anders. 
Bevor dieser Mann angefangen hat, diesen Platz zu bespielen, wusste ich nichtmal, dass er existiert. Also der Speaker's Corner. Nicht Jay. 
Klar, das allgemeine Interesse der vorbeiziehenden Menschen war nicht sonderlich hoch, dennoch hat dieser Platz dadurch, dass er bespielt wurde, die eine oder andere Person dazu gebracht, ihr Geschriebenes vorzutragen. 
Natürlich hat man sich das vorher größer und spektakulärer vorgestellt, als es tatsächlich wurde. Das liegt vermutlich nicht zuletzt an der wirklich versteckten Lage zwischen Unperfekthaus und Limbecker Platz. 
Dennoch, allein die Tatsache, dass sich wildfremde Menschen überwinden und ihre Texte vor wildfremden Zuschauern und in einer vollkommen ungewohnten Umgebung vortragen, ist meiner Meinung nach Erfolg genug. 
Und wenn ich mir dann noch überlege, dass auch so manch ein Passant stehen bleibt, sich das anhört und sich vielleicht sogar dazusetzt, dann bin ich mir sicher, dass die Mühen keinesfalls umsonst waren. 

Waren sie auch nicht.
Kevin Cousen hat sich damals offensichtlich inspirieren lassen und darüber könnte ich froher nicht sein. Der Mitarbeiter des Unperfekthauses ist nicht nur so immer in der Nähe des Speaker Corners, nein, er steht auch der Bühnenliteratur in Essen sehr nahe. Wenn auch seine Erfolge auf der Bühne - ganz ehrlich gesagt - noch sehr überschaubar sind. Aber genau das macht aus meiner Sicht sein Engagement um so sympathischer. Hier plant keine zuschauergeile Rampensau, sondern ein netter Mensch, der Bock auf Literatur hat. Und das unterstützen wir natürlich von ganzem Herzen.

Deshalb waren wir mit dabei, als es am 22.August mal wieder so weit sein sollte. Und es war wirklich toll zu sehen, dass viele dem Ruf folgten. Ja sogar einige, die ich, obwohl ich nun schon ein Weilchen in Essen Slam und Bühnenliteratur mache, nicht kannte. Sehr großartig, dass diese freie Bühne auch neue Leute lockt. Hoffentlich in Zukunft noch mehr und mehr Zuschauer, denn der Vati ist immer noch hungrig.


Dem kann ich mich nicht anschließen. 
Dieses Mal waren wieder hervorragende Leute am Start, die mit uns diesen grauen Platz bespielt haben. Ich habe auch gelesen und ich muss sagen, dass es unfassbar viel Spaß macht, wenn man mitten in der Fußgängerzone liest. 
Nicht nur, weil das Slammen sowieso richtig Laune macht. Nein, auch wenn Leute stehen blieben und sich das eine Weile anhörten, war ich sehr zufrieden. Das pusht noch mal richtig. 
Mein persönliches Highlight war allerdings sowieso, als Jay seinen Supermarkttext vorgetragen hat. 
War die Innenstadt vorher noch ein bisschen lauter, wurde es schlagartig leise. Man hörte nur noch den Autoverkehr. Und Jay. Und Jay war lauter. 
Zusätzlich noch die verwirrten Blicke der Passanten... Das war richtig, richtig witzig. 
Tatsächlich glaube ich daran, dass sich diese Veranstaltungsreihe, wenn sie ein bisschen Regelmäßigkeit bekommt, durchaus zu etwas Mittelgroßem entwickeln kann.

In dem Film "Fight Club", ist der Club binnen kürzester Zeit rappel voll, weil sich niemand an die erste Regel hält. Über den Speaker's Corner in Essen spricht auch tatsächlich kaum jemand, auch wenn es keine Regel dazu gibt. Aber es sollten mehr Menschen darüber sprechen. Vielleicht hilft es also, so zu tun, als wäre er ein Geheimclub. Ein verborgener Keller, in dem Poeten nach pursten Regeln streiten. Ein Ort und Termin, zu dem ihr alle wirklich dringend nicht hinkommen solltet. Es ist geheim und mensch redet besser nicht drüber. Wie in dem Film "Fight Club".


Alle Fotos hat der Hartmann gemacht (Auch die von sich selbst) und damit liegt jedes Urheberrecht beim Fotowikinger.

Kommentare

  1. Miriam18.11.15

    Hach wie schön, da kommt doch direkt wieder Sommer-Erinnerung auf und mir wird vielleicht nicht warm an den Füßen, aber immerhin im Herzen *schmacht, kitschi-kitschi*. Dieser geheime Club ist auf jeden Fall eine feine Sache (wie übrigens auch dieser Dialog und die Bilder sowieso), wir sollten wirklich alle nicht drüber reden :D
    Danke an Jay und den Hartmann für ein Stückchen Sommer an diesem kaltem, stürmischem Herbsttag. :)

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    1. Wichtig ist, dass wir auch ordentliche Winterausgaben hinbekommen. Ich mag den sibirischen Armee-Look an hart arbeitenden Leuten. Schneesturm, I challenge you!

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    2. Den Speakers Corner Raid wird es nicht mehr geben!!!...... oder doch?? Oder ganz woanders, jetzt wo jeder den 'Keller' kennt??? - Besser wir reden nicht drüber......

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    3. Miriam21.11.15

      Mit Lagerfeuer oder wahlweise heißem Tee und Glühwein im Gepäck wird der Speakers Corner Raid auch bei Minusgraden laufen *Mission accepted* ;D

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