Gespenster besiegen

Liebes Rudel,
in den sozialen Medien wird die Wahl nachbereitet. Es wird vom "armen Deutschland" gesprochen, es wird auf die AfD gezeigt. Das Wiederkehren historisch überholter Verhältnisse. Jede/r Achte hat die AfD gewählt. Die unverzeihbare Schuld der sich die Nicht-Wähler und jede/r Achte schuldig gemacht haben. Auch meine Heimatstadt hat mich enttäuscht, die Zahlen entsprachen nicht der Realität, die ich hier jeden Tag auf der Straße sehe.

Ich habe keine Angst vor Gespenstern. Ich habe keine Angst vor Gespenstern. Und ich habe schon gar keine Angst vor der AfD.

Ein Wahlprogramm, der Wahlkampf, die Nachrichten, das sind eine Menge Worte. Viele viele Hülsen, die erst dann ihr Wirkung zeigen, wenn sie unterfüttert werden. Bisher haben sie nur gesagt was sie fordern, aber was hat die AfD getan? Die Worte sind riesig und furchteinflößend. Wir verwenden drastische dramatische Worte um diese Partei zu beschreiben.

Von Oliver Kahn habe ich gelernt, sich keine Gespenster zu schaffen. Denn Gespenster sind unwirkliche Wesen. Er hat diese These auf einfachere Situationen bezogen, hat aber beschrieben, wie wir manchmal dazu neigen, Ereignissen Superlative und Überspitzungen zu geben, die in ihrer Wortbedeutung von Menschen nicht mehr zu besiegen sind. Wir sprechen von Monstern, von Fluten und weiteren Extremen und fühlen uns ohnmächtig.

Die AfD ist keine unmögliche Wiederauferstehung verstorbener Nazis und ihres Staates. Und bei alle ihren mächtigen Worten, beim Ausnutzen des Status als Monstrum und einer Gespenster-Rhetorik, so hat die Partei selbst bisher sehr wenig real gehandelt. Das werden sie jetzt tun müssen. Sie werden im Bundestag keine mythischen Dinge tun können. Sie werden Anträge stellen, Abstimmen, in Arbeitskreisen sitzen. Und das ist fern von jeder überirdischen Sache.

Ich habe keine Angst vor der AfD, weil sie jetzt handeln müssen. Und das kann ich auch. Daher kann ich jedem Schritt den diese Partei tut etwas entgegen setzen. Ich bin nicht machtlos. Ich habe keine Wahl verloren, als die Ergebnisse bekannt gegeben wurden. Ich kann mich in Parteien engagieren, in Jugendverbänden, Volksentscheide bemühen, Unterschriften sammeln, demonstrieren, Menschen helfen, Häuser bauen, bei Umzügen helfen, Wohnungen suchen, mich vor Menschen stellen, denen Gewalt angetan werden soll. Außerdem kann ich Gebäude besetzen, Sitzblockaden machen und mit aktiven Handlungen etwas leisten, dass unsere Gesellschaft etwas besser wird.

Ich brauche keine toll zusammengestellte Regierung, um in einem guten Land zu leben. Ich brauche gute Menschen. Und gute Menschen sind welche, die gut handeln. Was sie dabei reden ist mir nicht egal, aber wird immer gemessen sein an dem, was sie tun. Und ich bin mir sicher, dass die Energie einer Mehrheit die sich um gutes Handeln bemüht größer ist, als das Feuer in den Worten einer Minderheit.

Die AfD ist kein Gespenst, sie ist ein Kontrahent. Anstatt uns ohnmächtig gegenüber Gedanken, Optionen, Szenarien und einer Mythologie zu sehen, möchte ich gegen jede Handlung eine andere Handlung setzen. Das können wir. Wir sind fähig. Wir können moralisch gut und politisch handeln und unseren Alltag gestalten, auch wenn eine Partei zu viele Sitze im Parlament hat.

Mein Wunsch ist, dass ihr eure Energie nehmt und euch etwas vornehmt, wie ihr der AfD entgegen steht. Handlungen besiegen jede fragwürdige Aussage an jedem Tag.

Kommentare

  1. Anonym27.9.17

    Schöner Text. Hoffentlich bewirkt er etwas gegen die allgemeine Resignation, die ich teilweise um mich herum wahrnehme.

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    1. Danke Nemeryll! Das war mein Antrieb. Ich möchte nicht aufgeben und glaube, dass Inaktivität noch nie etwas verändert hat.

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