Rezension: Warum ich Angst vor Frauen habe

Ich habe schon wieder ein Buch gelesen und es ist schon wieder von jemandem, der Poetry Slam bzw. Bühnenliteratur macht. Also wird es bestimmt schon wieder eines dieser Bücher, die ich zu einem Klo-Buch erkläre, einer Lektüre, die man perfekt in einigen Sitzungen abarbeiten kann und immer wieder querlesen kann. Und tatsächlich, ich habe es an diesem stillen Ort, diesem Kaminzimmer der unteren Bevölkerungsschichten, gelesen. Leider.


Denn Mischa-Sarims Verollets "Warum ich Angst vor Frauen habe" ist anders als die Anthologien und Textsammlungen so mancher anderer Bühnenpoeten. Dieses Buch ist und war eine Reise, von der mensch nicht so schnell merkt, dass er sie antritt. Eine Reise, an einen Ort, an dem wir alle schon einmal waren: Die Kindheit.

In episodischen Geschichten erzählt Mischa aus seiner Kindheit. Mit dabei, alle üblichen Verdächtigen: Schulkarriere, Eltern, Freunde, die erste(n) Liebe(n), Wrestlingsammelkarten, kindlich bis jugendlicher Forschungs- und Tatendrang. Vom niedlichen Kind zum rebellischen Teenager ist alles dabei, die Geschichten sind dabei zwar quasi chronologisch sortiert, würden aber auch einzeln und in anderer Reihenfolge funktionieren. Bis zu einem gewissen Punkt.

Als Autor einer Rezension ist mensch heutzutage verpflichtet, nichts zu spoilern, also keine großen inhaltlichen Überraschungen vorweg zu nehmen. Das werde ich nicht so recht schaffen. Wen das stören sollte, der lese ab hier einfach nicht weiter. Die Essenz dieser Rezension wird eh sein: "Es ist ein sehr sehr gutes Buch, eines der besten die ich in den letzten Jahren gelesen habe, also kauft es!"

Es ist nicht nur eines der Besten, weil es so unglaublich pointiert und humorvoll geschrieben ist und auch nicht, weil es so unglaublich leicht ist, sich mit dem im Buch beschriebenen Mischa zu identifizieren. Nein. Es sind die letzten zwei bis drei Texte im Buch, die es schlagartig auf eine ganz andere Stufe heben.

Denn die Geschichte des kleinen Mischa (w)endet darin und plötzlich befinden wir uns irgendwie im Jetzt. Die Wahrheiten des Lebens stehen plötzlich schlagartig vor einem. Manche Freunde von damals sind nicht nur aus den Augen verloren, sondern für immer weg. Menschen die uns unterrichtet haben fürs Leben, sind selbst schon gestorben. Auch die nette Omi von neben an, die gelegentlich nach uns geschaut hat. Und trotzdem geht es weiter und es geht auch gut weiter.

Und mein letzter Absatz da steht in keinem Vergleich zu der Subtilität und dem Gefühl, das Mischa-Sarim Verrolet in seine letzten Geschichten im Buch gelegt hat. Selbst wenn ihr es hier jetzt schon gelesen habt, was die eigentlich größte Pointe dieses Buchs ist, lohnt es unbedingt. Vielleicht eine der schönsten Liebeserklärung gegen das Vergessen unserer Jugend.

Kommentare

  1. Danke für den tollen Tipp! Solche Bücher lese ich viel zu selten. Ich werd's heute Abend als E-Book laden und auf die nächste Dienstreise morgen mitnehmen. Wird sicher inspirierend.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Zu erst wird es unterhaltsam sein, das inspirierende kommt dann später. ;)

      Löschen
    2. Unterhaltsam ist es tatsächlich. Inspirierend war's auch am Anfang schon:
      http://phan-thomas.de/2014/02/frueher-frueher-frueher/
      Allerdings weniger in dem Kontext, in dem man's vielleicht vermuten würde. Allerdings bin ich auch erst zu 'nem Drittel durch, und du sagst ja, dass am Ende noch was anderes kommt.

      Löschen
    3. Für mich kam es am Ende anders. Ich bin gespannt, wie deine Reaktion sein wird, was deine Schlüsse sein werden.

      Löschen
    4. Ich werd Bescheid geben. Danke für den Tipp erst mal jedenfalls!

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Anmerkungen? Fragen? Wünsche? Schreib gerne einen Kommentar. Ich schaue regelmäßig rein, moderiere die Kommentare aber auch, also bleibt nett.

Vielleicht auch spannend: